Celle, die Juristenstadt. Hier gehen die Justizvollzugsbediensteten des Hochsicherheitsgefängnisses auf dem Weg zur Arbeit am „Celler Loch“ vorbei. Im Juli 1978 riss eine Explosion ein 40 Zentimeter großes Loch in die Mauer der Haftanstalt. Ein inhaftiertes Mitglied der RAF sollte durch den vermeintlichen RAF-Anschlag befreit werden. Dumm nur, dass der Häftling zu diesem Zeitpunkt schlief. Journalisten ließen nicht locker. So stellte sich Jahre später heraus, dass der niedersächsische Verfassungsschutz den Ausbruchsversuch inszeniert hatte.
Das Mauerstück steht heute zur Erinnerung vor dem Eingang der Justizvollzugsanstalt. Und so liegt ein Stammtisch mit der Abgeordneten Delia Klages, Vorsitzenden des Unterausschusses für Justizvollzug und Straffälligenhilfe, hier besonders nahe.
Eingeladen hatte der Kreisverband etwas außerhalb der Stadt in eine lauschige Gaststätte. Der Vorstandsvorsitzende, Jens-Christoph Brockmann, ebenfalls Abgeordneter im Niedersächsischen Landtag, begrüßte rund 45 Mitglieder und Gäste.

Mittig zwischen den U-förmig angeordneten Tischen berichtete Delia Klages über die Lage im niedersächsischen Justizvollzug. Trockene Materie? Keineswegs! Nahezu jeder hatte dazu etwas zu sagen. Das Thema polarisiert auf jeden Fall. „Wussten Sie, dass nächstes Jahr zwei Kinderschänder hier in Celle freikommen?“, fragte ein Teilnehmer sichtlich besorgt. In Celle sitzen Schwerverbrecher ein. „Welcher Handwerksmeister will da schon für knapp 2.600 Euro brutto als Werkmeister anfangen und Verantwortung für die Wiedereingliederung in die Gesellschaft tragen“, fragte Delia Klages. Daraufhin ging ein anwesender Justizvollzugsbeamter genauer auf die Arbeitsbedingungen ein.

Zahlen wurden in den Raum geworfen, wie teuer ein Tag in Haft den Steuerzahler zu stehen kommt: bis zu 400 Euro pro Person und pro Tag in der Sicherungsverwahrung in Rosdorf. Resozialisierung kostet ebenfalls viel Geld. „Resozialisieren, dafür muss man aber erstmal sozialisiert sein“, kritisierte Delia Klages die zahlreichen Maßnahmen, die bei einer bestimmten Klientel oft scheitern. Und „wussten Sie, dass es keine drogenfreie Haftanstalt gibt?“. Wo ein Wille ist, ist eben auch ein Weg, und sei es über die Knastmauern. Plötzlich duftete es nach Pommes und Currywurst. Aber ans Essen dachte die aufgeregte Runde noch nicht. Jens-Christoph Brockmann musste die kurzweilige Veranstaltung unterbrechen. Der Wirt hätte sonst noch lange mit den Tellern in der Hand dagestanden. Am Ende dieser spannenden Veranstaltung wollten gleich fünf Gäste Mitglied der AfD werden.